Verhaltensnormen (ādāb) und Erziehung im Islam
21. Juli 2023
03. Muharram 1445Verehrte Muslime!
In unserer heutigen Hutbe geht es um ādāb, Verhaltensnormen und Erziehung im Islam.
Der Mensch ist in seiner Natur ein reines Wesen. Diese Reinheit gepaart mit guter Erziehung führt zu guten Manieren (edeb). Zu Edeb gehören Schamgefühl, Höflichkeit und Mitgefühl. Edeb bedeutet wörtlich gute Veranlagung, guter Charakter. Im Plural spricht man von ādāb. Unser Prophet (s.a.w.) sagte in einem Hadis Scherif Folgendes: „Mein Herr hat mir Anstand (edeb) gelehrt, (hat mich erzogen) und hat mir eine gute Erziehung zuteilwerden lassen.” (Adschlunî, Kaschf al-hafa, Bd. 1, S.84 (164))
Rasulullah (s.a.w.) hat zweifellos den besten Charakter. Die Quelle seines Charakters ist der Kur’an Kerim. Daher gehören große Tugenden, die von Allah Te’ala und Seinem Gesandten uns vermittelt werden, zu den guten Verhaltensnormen im Islam.
In der Tat erklärt uns Allah der Allmächtige im Kur’an Kerim, wie auch bei allen anderen Dingen, wen wir hinsichtlich Edeb als Vorbild nehmen sollen, wie folgt: „Gewiß, im Gesandten Allahs habt ihr ein schönes Vorbild, für jeden, der auf Allah und den Jüngsten Tag hofft und Allahs viel gedenkt.” (Sure al-Ahzab, 33:21)
„Ich wurde lediglich gesandt, um die guten Chraktereigenschaften zu vervollkommnen.” (Ahmed b. Hanbel, 2/381 (8952), so sprach der Stolz aller Welten, führte ein vorbildliches Leben, in dem er die guten Charaktereigenschaften in all seinen Feinheiten vorlebte und sie den Menschen lehrte. Diese Tatsache wird in vielen Hadis Scherifs klar und deutlich hervorgehoben. Hört, was Rasulullah (s.a.w.) dazu sagt: „Ich verbürge mich für ein Haus am Rande der Dschennet für jeden, der den Streit meidet, auch wenn er recht hat; (ich bürge) für ein Haus inmitten der Dschennet für jeden, der aufhört zu lügen; dies auch nicht spaßeshalber tut; (und ich bürge) für ein Haus auf der höchsten Ebene der Dschennet für jeden, dessen Charakter gut ist.” (Abu Davud, Adab, 7 ( 4800))
In einem anderen Hadis Scherif heißt es: „Wahrlich, die liebsten unter euch für mich und die mir am nächsten am Tage des Qiyamet, sind diejenigen, die gute Charaktereigenschaften besitzen. Gewiß, die Unangenehmsten unter euch für mich und die von mir am weitesten entfernten sind die Schwätzer, die Spötter und die Prahler.” (Tirmizi, Birr, 71/2018)
Liebe Muslime!
Da Edeb jeden Aspekt des Lebens umfasst, ist es zweifellos unmöglich, alles in einen kurzen Text zu packen. Das, was wir kurz vorgetragen haben, zeigt bereits wie die islamischen Verhaltensregeln Individuen und Gesellschaften zur geistigen Reife verhelfen können.
Der Muslim beginnt jede gute Tat mit der Besmele. Dinge, die ihm gefallen, begegnet er mit “MaschaAllah”. Um seine Bewunderung auszudrücken sagt er „Subhanallah”. Wenn er etwas Gutes erfährt, spricht er „Elhamdulillah”. In jeder Situation gedenkt er Allahs.
Der Hadis Scherif: „Der Beste unter euch ist derjenige, der den Menschen am nützlichsten ist.” (Tabarani, al-Mu'gam al-awsat, 5787), motiviert ihn für das Wohl der Menschheit zu streben.
In einem anderen Hadis Scherif über guten Charakter heißt es: „Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, soll seinem Nächsten nicht schaden. Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, soll seinen Gast ehrenvoll behandeln. Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, soll Gutes sprechen oder schweigen.” (Buhari, Adab, 31 (6018))
Der Muslim, den uns der Islam beschreibt, ist bescheiden, nicht hochmütig, würdevoll, nicht arrogant, geduldig, nicht hastig, mit einem Lächeln im Gesicht, nicht mürrisch, sanfmütig, nicht wütend, höflich, nicht schroff, rein und nicht schmutzig. Im Islam gibt es Regeln für Essen und Trinken, Betretren und Verlassen der Toilette, Schlafen, Besuchen und Gastfreundschaft, letzendlich für alles andere mehr. Zum Beispiel gehört es zu den guten Manieren, das Wasser im Sitzen und nicht stehend zu trinken, es nicht in einem Zug auszutrinken, sondern dazwischen abzusetzen, Atempausen einzulegen und mindestens in drei Zügen das Glas zu leeren. Edeb ziert die Schönheit. Die Missachtung von guten Manieren hingegen macht das Schöne hässlich. Auch das Wissen eines Gelehrten gewinnt mit Anstand an Wert und verliert mit dessen Venachlässigung.
Wie schön hat ein Dichter diesen Umstand in Worte gefasst. Sinngemäß sagt er:
Edeb ist eine aus dem Licht Gottes (geschmiedete) Krone.
Um vor allem Unheil sicher zu sein, trage diese Krone!