Üble Nachrede, Zuträgerei und Verleumdung
11. Oktober 2024
Verehrte Muslime! Es gibt bestimmte Viren, die unsere materielle Gesundheit als Einzelperson und als Gesellschaft bedrohen, sowie Viren, die unser geisitiges Leben zerstören. Für das Gemeinwohl ist es unerlässlich, diese zu identifizieren und vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. In meiner heutigen Hutbe möchte ich über geistige Krankheiten wie böswillige Verdächtigung, üble Nachrede, Zuträgerei und Verleumdung sprechen, die den Zusammenhalt einer Gesellschaft gefährden.
Die Qība, die üble Nachrede eines Muslims also, ist gleichbedeutend mit dem „Verzehr des Fleisches seines toten Bruders”, wie es im heiligen Koran heißt.
Der Weg zur üblen Nachrede führt über sū az-zann, das heißt über böswillige Verdächtigungen und über die Suche nach Fehlern. Menschen, die ihre Glaubensbrüder und -schwestern in einer Angelegenheit, auf die Anklagebank setzen, für die es keine eindeutigen Beweise gibt, oder die nach Fehlern suchen, um eine vermeintliche Schuld zu beweisen, werden sich schließlich im Sumpf der üblen Nachrede wiederfinden. Daher sagt Allah Ta’ālā in der 49. Sure al-Hudschurāt, Ayet 12: „O ihr, die ihr glaubt, meidet viele von den Mutmaßungen. Wahrlich, manche Mutmaßung ist Sünde. Spioniert nicht und führt nicht üble Nachrede übereinander. Möchte denn einer von euch gern das Fleisch seines Bruders essen, wenn er tot ist. Ihr verabscheut es doch. Fürchtet Allah. Wahrlich, Allah ist Reue-Annehmend und Barmherzig.”
Wer sich der üblen Nachrede hingibt, die eine der großen Sünden ist, fällt in den Abgrund egoistischer Begierden, die in Bedauern enden, wie ein Drogenscühtiger. Diese Begierde wird ihn zu Verleumdung, Ungerechtigkeit und vielen anderen Sünden führen. Abū Hurayra (r.a.) überlieferte Folgendes: „Unser Prophet (s.a.w.) wurde gefragt: ,O Rasūlullāh, was ist qība, also üble Nachrede?’ Er sagte: ,Es ist die Erwähnung deines Bruders mit dem, was ihm nicht gefällt.’ Er wurde weiter gefragt: ,O Gesandter Allahs, auch wenn das, was ich sage, auf meinen Bruder zutrifft?’ Unser Meister sagte: ,Wenn das, was du sagst, auf deinen Bruder zutrifft, dann hast du üble Nachrede begangen. Wenn es nicht auf deinen Bruder zutrifft, hast du ihn verleumdet.” (Ad-Durr al-Mansūr, Tafsir al Hudschurāt, Ayet 12)
Liebe Muslime! Einer der Gewohnheiten, die die üble Nachrede befeuern, ist namīma, die Zuträgerei, das bedeutet, dass der Zuhörer das vertraulich Gehörte dem Betroffenen weitererzählt. Die Zuträger unterscheiden sich nicht von Krankheiten, die ansteckende Erreger in sich tragen. Die einen machen die Gesellschaft körperlich krank und die anderen seelisch und moralisch. Solche seelisch kranke Menschen sind die Ursache von allerlei Unfrieden, die bis hin zum Mord führen können. Unser Prophet (s.a.w.) sagte: „Wer Zuträgerei betreibt, kommt nicht in die Dschanna (das Paradies).” (Muslim, 105)
Menschen, die Zuträger schätzen, sind diejenigen, die nicht erkennen, dass sie sich selbst eine Grube graben. Denn ein Nammām, ein Zuträger, ist jemand, der auch lügen kann, der es genießt, die Worte der Person, der er etwas zugetragen hat, an die andere Partei weiterzugeben. Selbst wenn der Zuträger ehrlich sein sollte, was für eine Katastrophe ist das Ergebnis des Grolls, des Hasses und der Feindschaft, die er in der Gesellschaft sät.
Ein Zuträger kam zu Hazrat Hasan al-Basrī (r.h.) und sagte: „Soundso hat über dich gelästert.” Hasan al- Basrī fragte: „Wann, wo und was hast du dort gemacht?” Der Mann erwiderte: „Ich bin heute seiner Einladung zum Essen in seinem Haus gefolgt.” „Was hast du bei ihm gegessen?”, fragte er. Als der Mann acht verschiedene Speisen aufzählte und sagte: „Dies und das habe ich gegessen”, sagte Hazrat Hasan al- Basrī: „Du Frevler! Acht verschiedene Arten von Speisen haben in deinem Magen Platz gefunden und nur ein paar Worte nicht. Scher dich weg!”
Eine der Gefahren, die ein Mensch, der sich die üble Nachrede zur Gewohnheit macht, ausgesetzt sein wird, ist die Verleumdung (iftirā). Allah Ta’ālā beschreibt das Ende der Verleumder im Jenseits wie folgt: „Wahrlich, diejenigen die ehrbaren, ahnungslosen und gläubigen Frauen (Untreue) vorwerfen, sind im Diesseits und im Jenseits verflucht. Für sie wird es eine gewaltige Strafe geben, am Tag, da ihre Zungen, ihre Hände und ihre Füße gegen sie Zeugnis ablegen werden, über das, was sie zu tun pflegten. (an-Nūr, 24: 23-24)
Lasst uns danach streben, unsere Herzen nicht mit Sünden zu beflecken, so wie wir darauf achten, unsere Kleider nicht zu beschmutzen!