Weisheiten des Hadsch

28. Mai 2025

Verehrte Muslime!

Unsere heutige Hutbe befasst sich mit den Weisheiten des Hadsch. Das gemeinsame Ziel aller Ibadāt ist die Hingabe an Allah, in dem Bewusstsein, dass wir alle Seine Diener sind. Der Hadsch ist eine der anstrengendsten gottesdienstlichen Pflichten, die mit Worten, Körper und finanziellen Mitteln vollzogen wird.

Allah Taʿālā sagt in der Sure al-Mā’ida, Ayat 97: „Allah hat die Kaʿba, das heilige Haus, zur Erfüllung (der Anbetung) für die Menschen geschaffen, und (ebenso) den heiligen Monat, die Opfertiere und die Opfertiere mit den Halsbändern. Dies, damit ihr wisst, dass Allah weiß, was in den Himmeln und auf der Erde ist und dass Allah über alles Bescheid weiß.”

Ein Gläubiger hinterfragt nicht den Grund der gottesdienstlichen Handlungen. Er sucht jedoch nach der Weisheit in ihnen, um seinen Iman, seinen Glauben, zu stärken. Auch im Hadsch gibt es unzählige Weisheiten wie bei allen anderen Ibādāt auch. Einige davon möchte ich euch vorstellen.

Der Hadsch ist das Symbol des Einheitsglaubens und der Hingabe. Allah Taʿālā, der in Seinem Wesen einzig ist, und jenseits von Raum und Zeit erhaben ist, hat die heilige Kaʿba zur Qibla gemacht, um die Einheit der Muslime sicherzustellen.  Durch die Hinwendung zu ihr während des Gebets schafft Er geistige Einheit und durch die Verpflichtung zum Hadsch für wohlhabende Muslime schafft Er sowohl geistige als auch physische Einheit. Bei der Umrundung der Kaʿba, beim Aufenthalt in Arafat und bei der Steinigung des Teufels handeln wir im Bewusstsein dieser Einheit.

Der Hadsch erinnert uns an die Hingabe der Propheten Hz. Ibrāhīm und Hz. Ismāʿīl an Allah Taʿālā. Auch der muslimische Pilger unterwirft sich seinem Herrn, indem er sein Ego, seine egoistischen Wünsche und seine weltlichen Begierden aufgibt und sich Ihm zuwendet.

Der Hadsch stärkt das Bewusstsein, Teil der  Umma zu sein. Er verkörpert das Zusammentreffen von Millionen von Muslimen, unterschiedlicher Ethnien, Hautfarben, Sprachen, sozialer Stellung und Ansehens, die das gleiche Gewand tragen und dieselben religiösen Rituale vollziehen. Dies stärkt das Bewusstsein für die Einheit der Umma und die Brüderlichkeit. Jeder Pilger ist gewissermaßen ein Botschafter der Umma. Wenn er in seine Heimat zurückkehrt, ist er bestrebt, diese Brüderlichkeit, Geduld sowie gute Charaktereigenschaften zu leben und zu bewahren. Unser Prophet (s.a.w.) sagte in einem edlen Hadith: „Die Hadsch- und Umra-Pilger sind Botschafter Allahs. Wenn sie Ihn anrufen, so erhört Er sie. Wenn sie Ihn um Vergebung bitten, so vergibt Er ihnen.” (Ibn Mādscha, Manāsik, 5)

  Hadsch bedeutet Selbstbeherrschung und Läuterung. Der Hadsch erfordert sehr viel Geduld. Die Geduld gegenüber den Menschenmassen, den Schwierigkeiten, dem heißen Wetter und dem Ausmaß der Ibādāt diszipliniert das eigene Ego. Wer während des Hadsch mit dem Ihrām-Gewand in den Weihezustand tritt, trennt sich von seinem Besitz, seiner Stellung, seiner Familie, seinem Ego und allen weltlichen Bindungen, und wendet sich als einfacher Diener Allah zu.

Der Hadsch erinnert an die Reise ins Jenseits. Mit dem Ihram-Gewand erlebt der Pilger symbolisch das Leichentuch und den Tod und durch seinen Aufenthalt in Arafat, Muzdalifa und Mina das Jüngste Gericht. Er verspürt die Notwendigkeit, jederzeit auf das Jenseits vorbereitet zu sein.

Hazrat Ebul-Faruk Silistrevi sagte:

„Wenn euch jemand fragt, warum die heilige Kaʿba inmitten einer öden Wüste erbaut wurde, obwohl es doch so viele schöne und grüne Orte gibt, dann antwortet ihm: ‘Der Hadsch ist ein kleines Abbild des Jüngsten Gerichts, bei dem man Schwierigkeiten und Strapazen erlebt. Die dort erlittenen Schwierigkeiten tragen zur Vergebung der Sünden bei. Wäre die Kaʿba an einem Ort mit Wasser und Bäumen erbaut worden, der das Auge erfreut, so würde jeder nur zum Vergnügen dorthin gehen. Der Zweck des Hadsch ist jedoch das Wohlgefallen Allahs und nicht weltliches Vergnügen.’”

Wer die Hadsch-Fahrt nicht machen kann, sollte sich am Arafa-Tag wie in Arafat fühlen und zwischen dem Mittags- und dem Nachtmittagsgebet zwei Rakats Gebet verrichten. Dies ist eine Gelegenheit, von der allgemeinen Vergebung zu profitieren. Erklärungen dazu findet ihr in den Fazilet-Kalendern.

Liebe Muslime! Der Arafa-Tag ist der Donnerstag, der auf 5. Juni fällt. Vergesst nicht, die Taschrīq-Takbirs nach jedem Fard-Teil der fünfmaligen Gebete zu sprechen, beginnend mit dem Morgengebet am Arafa-Tag bis einschließlich zum Nachmittagsgebet des vierten Festtages. Dies ist wādschib, also eine nachrangige Pflicht.