GEDULD (SABR)
23. Dezember 2022
29. Dschumada l-ula 1444Verehrte Muslime!
Unsere Hutbe handelt von den Vorzügen des Sabr, der Geduld. Geduld ist eine der Tugenden, die das menschliche Leben ordnet und den Menschen höhere Werte verleiht. Geduld ist ein göttliches Elixier, das das Bittere versüßt, das Rohe reifen lässt und das Leid in Glückseligkeit verwandelt. Geduld stärkt die Willenskraft und bekräftigt die Entschlossenheit. Ein geduldiger Mensch bringt die Arbeit, die er begonnen hat, zu Ende, auch wenn sie schwierig ist. Er verliert bei negativen Zuständen und in Notsituationen die Kontrolle über sein Willen nicht und trifft richtige Entscheidungen.
Geduld ermöglicht die Kontrolle der Wut. Ein Mensch, der seine Wut unter Kontrolle hat, läßt sich nicht zu Handlungen hinreißen, die er später bereuen wird. Sabr bedeutet auch Hingabe zum Qadar und Qada, zur Bestimmung und Vorhersehung. Wer gegenüber Leid geduldig ist, wird sich gegen Allah Ta’ala nicht auflehnen.
Sabr ist ein Attribut, das in der Dschennet hohe Positionen verspricht. So sagt Allah der Allmächtige: „Wahrlich, den Geduldigen wird ihr Lohn ohne Rechnung (in vollem Maße) gewährt werden.” (az-Zumar, 39:10)
Liebe Muslime!
Es gibt drei Arten von Geduld.
Erstens, die Geduld gegenüber den Ibadat und anderen religiösen Verpflichtungen. Denn der Schaytan und die Nafs (Triebseele) versuchen zunächst den Menschen von Ibadat abzuhalten. Gelingt dies ihnen nicht, versuchen sie ihn am Erreichen seines Ziels zu hindern, indem sie ihn davon abhalten, seine Ibadat und religiöse Verpflichtungen zu vollenden. In diesem Fall ist es die Aufgabe des Dieners geduldig zu sein und seinen Dienst in bester Art und Weise zu erfüllen.
Zweitens, die Geduld gegenüber dem Schwelgen in Sünden. Die Nafs und der Schaytan versuchen den Menschen vom Weg abzubringen, indem sie Sünden beschönigen. Es ist notwendig, geduldig zu sein und sich von der falschen Schönheit der Sünden nicht täuschen und von ihrer Anziehungskraft nicht verführen zu lassen.
Drittens, die Geduld gegenüber Unglück und Leid. Allah Ta’ala sagt in der Sure al-Baqara, Ayet 155 Folgendes: „Und gewiß werden Wir euch mit etwas Furcht, Hunger und Verlust von Vermögen, Menschenleben und Früchten prüfen. Doch verkünde den Geduldigen frohe Botschaft.”
Die Gründe für Leid und Unglück können von Person zu Person verschieden sein. Unglück, die eine ungläubige Person trifft, gilt als Strafe. Unglück, die einem Gläubigen zustößt, wird nach seiner Haltung bewertet. Wenn das Unglück einen Muslim in einem sündhaften Zustand trifft und dieser von der Sünde nicht ablässt, so gilt es als Strafe. Wenn er sie jedoch bereut, so gilt es als Sühne für seine Sünde. Wenn es ihn im Zustand der Einhaltung der Gebote trifft, so ist es ein Grund für die Erhöhung seines Rangs bei Allah Ta’ala. Denn Imam Rabbani (q.s.) hat bezüglich Leid und Unglück, das den Gläubigen widerfährt, Folgendes gesagt: „Auch wenn das Unglück dem Anschein nach wie Eiter ist, ist sie in Wirklichkeit eine Medizin, die Forschritte und Früchte auf dem spirituellen Weg nach sich zieht. Die Folgen (im Diesseits), die mit Allahs Gnade daraus resultieren werden, sind (vielleicht) ein Hundertstel der mit Gottes Gnade erwarteteten Früchte im Jenseits.” (Mektubat, 2/17)
Hazret Silistrevi (q.s.), einer der Gottesfreunde, sagte: „Man muss sich mit dem Unglück, das einem zustößt, zufriedengeben. Wenn uns kein Unglück trifft, zweifeln wir an uns selbst und fragen uns: „Sind wir denn Heuchler?” Das ist eine Notwendigkeit auf dem Weg Rasulullahs.” (Ali Erol, Hatıratım, S. 67)
Aus diesem Grunde erachten die Gottesfreunde Unglück, das ihnen im Dienste des Islams zustößt, als Barmherzigkeit. Das beste Beispiel hierzu ist unser Prophet (s.a.w.). Während seines dreizehnjährigen Wirkens in Mekka als Prophet, war er unvorstellbaren Grausamkeiten und Verfolgungen durch die polytheistischen Mekkaner ausgesetzt, nur weil er die Botschaft Gottes verkündete. Jedoch hat er sich darüber nie beschwert und zog es vor, geduldig zu sein. Auch die Gottesfreunde als seine seine Erben sind denselben Weg gegangen. Rasulullah (s.a.w.) bringt die Bedeutung von Geduld wie folgt zum Ausdruck: „Niemandem ist eine bessere und umfangreiche Gabe gegeben worden als die Geduld.” (Buchari, Zakat, 50 (1469))
Ich möchte meine Hutbe mit der frohen Botschaft unseres Herrn für die Geduldigen beenden: „O ihr, die den Iman verinnerlicht habt! Sucht Hilfe in der Geduld und im (rituellen) Gebet. Wahrlich, Allah ist mit den Geduldigen.“ (al-Baqara, 2:153