GEDULD (SABR)
15. November 2024
Verehrte Muslime!
In unserer Hutbe geht es um sabr, die Geduld. Geduld ist eine der Tugenden, die das menschliche Leben ordnen und dem Menschen höhere Werte verleihen. Geduld ist ein göttliches Elixier, das den Schmerz lindert, das Rohe reifen lässt und das Leid in Glück verwandelt. Geduld stärkt den Willen und festigt die Entschlossenheit. Ein geduldiger Mensch vollendet die Arbeit, die er begonnen hat, auch wenn sie schwierig ist. Angesichts von Fehlschlägen und Unglück verliert er nicht die Kontrolle über seinen Willen und ist in der Lage, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Geduld besänftigt den Zorn. Wer seinen Zorn unter Kontrolle hat, lässt sich nicht zu Handlungen hinreißen, die er später bereut. Sabr bedeutet auch sich der Vorherbestimmung und der Vorhersehung (Qadar und Qadā) zu fügen. Wer im Leiden geduldig ist, lehnt sich nicht gegen Allah Ta’ālā auf. Geduld ist ein Mittel, das hohe Ränge in der Dschanna (im Paradies) verspricht. So sagt Allah, der Allmächtige: „Wahrlich, den Geduldigen wird ihr Lohn ohne Rechnung (in vollem Maße) gewährt werden.” (az-Zumar, 39:10)
Liebe Muslime!
Es gibt drei Arten von Geduld:
Erstens die Geduld in den Ibādāt, also in der Anbetung und im Gehorsam. Denn der Schaytan und die Nafs (Triebseele) versuchen zunächst den Menschen von den Ibādāt abzuhalten. Gelingt ihnen dies nicht, versuchen sie ihn an der Erreichung seines Zieles zu hindern, indem sie dafür sorgen, dass er seine Ibādāt und seinen Gehorsam unvollendet lässt. Daher ist es die Pflicht des Dieners, seine religiösen Pflichten auf die beste Art und Weise in Geduld zu erfüllen.
Zweitens: Geduld, nicht in Sünden zu schwelgen. Die Triebseele und der Satan versuchen den Menschen vom Weg abzubringen, indem sie die Sünde beschönigen. Deshalb ist es wichtig Geduld zu üben, und sich nicht von der falschen Schönheit der Sünde täuschen und von ihrer Anziehungskraft verführen zu lassen.
Drittens: Geduld mit Unglück und Leid. Allah Ta’ālā sagt in der Sure al-Baqara, Ayet 155: „Und wahrlich, Wir werden euch mit ein wenig Furcht, Hunger und Verlust an Vermögen, Menschenleben und Früchten prüfen. Doch verkünde den Geduldigen frohe Botschaft.”
Die Gründe für Leid und Unglück sind von Mensch zu Mensch verschieden. Das Unglück, das einem Ungläubigen widerfährt, ist eine Strafe. Das Unglück, das einen Gläubigen trifft, wird nach seinem persönlichen Zustand beurteilt. Wenn ein Muslim in einem sündhaften Zustand ein Unglück erleidet und seine Sünde nicht bereut, so gilt es als Strafe; wenn er sie jedoch bereut, so gilt es als Sühne für seine Sünde. Wenn ihn ein Unglück trifft, während er in Gehorsam seine Pflichten erfüllt, so ist dies ein Grund, dass sein Rang und seine Stellung bei Allah Ta’ālā erhöht wird. Denn Imam Rabbānī (q.s.) sagte in Bezug auf Leid und Unglück, das einem Gläubigen widerfährt: „Auch wenn das Unglück dem Anschein nach wie Eiter ist (der aus der Wunde fließt), ist es in Wirklichkeit wie eine Medizin, die spirituelle Forschritte und Früchte mit sich bringt. Die Ergebnisse, die in dieser Welt erzielt werden, sind (vielleicht nur) ein Hundertstel der Früchte, die mit Allahs Gnade im Jenseits zu erwarten sind.” (al-Maktūbāt, 2/17)
Hazrat Silistrevi (q.s.), einer der Freunde Allahs, sagte: „Man muss sich mit dem Unglück, das einem widerfährt, zufriedengeben. Wenn wir frei von jeglichem Unglück wären, würden wir an uns selbst zweifeln und sagen: „Sind wir Heuchler?” Das ist eine Notwendigkeit, wenn man sich auf dem Weg Rasūlullāhs befindet.”(Ali Erol, Hatıratım, S. 67)
Aus diesem Grund haben die Freunde Allahs die Schwierigkeiten, die während des Dienstes an der islamischen Religion auftraten, als Barmherzigkeit betrachtet. Das herausragendste Beispiel in dieser Hinsicht ist unser Prophet (s.a.w.). Während seines dreizehnjährigen Wirkens als Prophet in Mekka, war er unvorstellbaren und schrecklichen Grausamkeiten und Verfolgungen durch die Polytheisten ausgesetzt, nur weil er die Botschaft Allahs verkündete. Aber er klagte nicht, sondern zog es vor, geduldig zu sein. Die Freunde Allahs, die seine Erben sind, sind den gleichen Weg gegangen. Unser Prophet (s.a.w.) brachte die Bedeutung der Geduld mit folgenden Worten zum Ausdruck: „Niemandem ist je eine bessere und umfangreichere Gabe zuteil geworden als die Geduld.” (al-Buchārī, Zakat, 50 (1469))
Ich möchte meine Hutbe mit der frohen Botschaft unseres Mawlā (Herrn) an die Geduldigen beenden: „O ihr, die ihr den Iman verinnerlicht habt! Sucht Hilfe in der Geduld und im (rituellen) Gebet. Wahrlich, Allah ist mit den Geduldigen.“ (al-Baqara, 2:153)